Der Fall – Teil 1

Dunkelheit. Mehr nehme ich nicht wahr. Ich kann nichts sehen. Ich weiß nicht wo ich bin. Wie komme ich hier her. Wo auch immer hier ist.

Ich versuche mich zu bewegen, aber ich bin mit den Händen und Füßen an irgendwas festgebunden.

Was ist nur passiert. Ich kann mich nicht richtig erinnern. Ich weiß noch, dass ich auf Arbeit allen Tschüs gesagt habe und mich auf dem Weg nach Hause gemacht habe, aber was dann passiert ist, ergibt irgendwie keinen Sinn. Es ist alles verschwommen. Ich glaube, ich habe einer jungen Frau geholfen, den Kinderwagen aus dem Bus zu bekommen. Dann bin ich Richtung U-Bahn gelaufen und über irgendwas gestolpert. Oder wurde ich vielleicht geschubst? Das könnte es sein. Und dann hat mit glaube ich jemand etwas auf die Nase gehalten. Danach war alles schwarz. Und es ist immer noch schwarz.

Ich bekomme Panik. Was ist hier los? Wo bin ich?

Ich versuche zu schreien, aber ich bemerke erst jetzt, dass mein Mund mit etwas zugeklebt ist. Es kommen nur ein paar erstickte Laute raus.

Ich rüttel mit den Händen und Füßen, aber ich kann mich nicht lösen. Immerhin weiß ich, dass ich auf etwas drauf liege. Es könnte ein Bett sein. Der Untergrund ist recht weich.

Plötzlich geh an einer Wand eine Tür auf und Licht strömt in den Raum. Eine Person steht dort, aber ich kann durch die gleißende Helligkeit nichts erkennen. Die Person kommt auf mich zu, scheint aber darauf bedacht, dass ich sie nicht erkennen kann. Im Gesicht trägt sie so etwas wie einen Mundschutz. Oder? Ich weiß nicht genau. Das Licht blendet mich sehr. Sie hält etwas in der Hand. Was ist das? Es könnte eine Spritze sein. Aber wozu eine Spritze?

Kurz darauf weiß ich es. Die Spritze wird präzise und genau in meiner Armbeuge angesetzt und in die Haut gestochen. Ich verliere fast sofort das Bewusstsein. Es wird wieder schwarz.


Ich habe Schmerzen. Starke Schmerzen. Im Bauch und im Kopf. Das Atmen fällt mir auch schwer. Bei jedem einatmen hört man ein leises Rasseln aus meiner Brust. Ich versuche die Augen zu öffnen, aber es fällt mir schwer. Ich versuche mich zu bewegen und es klappt. Ich glaube beim letzten Mal ging das nicht. Wie lange das jetzt wohl schon her ist. Was hat sie verändert, dass diese Person mit der Spritze mich losgebunden hat?

Ich bekomme langsam die Augen auf und merke, dass es nicht mehr dunkel ist. Jedenfalls nicht so dunkel wie vorher. Und es ist auch nicht total still. Von irgendwoher ertönt ein piepen. Und auch Stimmen sind zu hören. Ich glaube ich bin nicht mehr in dem dunklen Raum. Aber wenn nicht dort wo dann?

Ich versuche mich langsam umzublicken. Das sehen fällt mir noch immer etwas schwer. Bis jetzt habe ich nur die weiße Decke gesehen. Als ich den Kopf zur Seite drehe sehe ich ein Fenster vor dem Vorhänge sind um die Sonnenstrahlen abzuhalten. Neben dem Fenster steht ein Tisch. Darauf stehen viele Blumen und auch zwei Teddybären. Als mein Blick weiter Richtung Bett wandert sehe ich Monitore und einen Tropf. Ich glaube ich bin in einem Krankenhaus, denn als ich langsam den Kopf in die andere Richtung drehe, sehe ich eine Tür, neben der eine weitere Tür ist und an der Wand daneben hängt etwas, wo Desinfektionsmittel sein könnte. Neben meinem Bett steht auch ein weiterer kleiner Tisch. Darauf ist nicht viel abgestellt. Nur eine Flasche Wasser und ein Glas.

Plötzlich geht die Tür auf und ich bekomme Angst, es könnte diese Person mit der Spritze sein. Vielleicht ist sie noch nicht fertig mit mir. Die Panik muss mir ins Gesicht geschrieben sein, denn die Person die herein kommt hebt sofort die Hände und sagt: „Alles gut. Sie sind im Krankenhaus. Hier wollen wir ihnen nur helfen. Bitte beruhigen sie sich. Ich hole eine Arzt.“ Und damit war die Frau wieder weg. Die Tür hat sie aber nicht geschlossen. Der Lärm von dem Gewusel draußen ist deutlich zu hören. Ein Mann in Uniform tritt in den Türspalt, sieht aber nicht hinein. Er achtet nur darauf, was draußen passiert. Aber warum steht ein Polizist vor dem Zimmer? Was ist denn los?

Ich wollte schon zu ihm rüber rufen ob er es mir erklären kann, als er aus dem Spalt verschwindet um einer Ärztin Platz zu machen, die eilig in das Zimmer kommt.

„Das ist wirklich sehr gut. Sie sind endlich wach. Wir wusste schon fast nicht mehr was wir tun sollen, aber anscheinend brauchte ihr Körper einfach nur eine Menge Ruhe.“ Sie nimmt eine Akte von der Bettkante und schlägt sie auf. Sie schaut rein und danach auf die Monitore. Dann kommt sie an die Seite vom Bett, legt die Akte auf das Tischchen und nimmt meine Hand. Sie muss ganz kalt sein, denn ihre fühlt sich ziemlich warm in meiner an.

„Hallo. Mein Name ist Dr. Kartinka Baum. Ich bin ihre behandelnde Ärztin und sie befinden sich im Krankenhaus. Können sie mir sagen wie sie heißen und wie alt sie sind?“

Ich schaue sie an. Sie scheint aufrichtig zu sein und ich kann nicht erkennen ob sie die Wahrheit sagt oder nicht. Also glaube ich ihr und will ihr antworten. Aber als ich den Mund aufmache kommt kein Wort raus. Was ist los?

„Keine Sorge. Das können wir auch später noch mal versuchen. Das kann ganz normal sein, dass sie erst einmal nicht richtig sprechen können. Das wird bald wieder. Dann machen wir es erst mal anders. Sie nicken und schütteln den Kopf einfach nur. Ok?“

Ich nicke. Ja ich glaube das könnte erst mal klappen. Aber warum kann ich nicht sprechen?

„Alles klar. Haben sie Schmerzen?“ Ich nicke erneut.

„Gut. Also das ist natürlich nicht gut, aber wir geben ihnen etwas dagegen.“ Sie wendet sich an die Krankenschwester, die hinter ihr ins Zimmer gekommen ist und sagt ihr irgendwelche Medikamentennamen, die sie holen soll.

„Wissen sie was passiert ist?“, fragt sie nun wieder mich. Ich schüttle den Kopf. Nein, ich verstehe irgendwie nichts.

„Macht nichts. Vielleicht wollen sie das auch gar nicht wissen.“ Ich sehe sie fragend an. Sie lächelt ein wenig traurig und schüttelt leicht den Kopf.

„Ok ich erzähle ihnen das, was ich weiß, aber vielleicht wollen sie auch lieber, dass Ihre Freundin Ihnen das erzählt?“

Welche Freundin? Ich habe seit zwei Monaten keine Freundin mehr. Ich sehe die Ärztin fragend an. Ich verstehe nicht von wem sie spricht.

„Ach haben sie gar keine Freundin?“ Ich schüttle den Kopf.

„Ok. Eine junge Frau hat behauptet, sie wäre ihre Freundin. Sie war immer alleine hier und hat an ihrem Bett geweint. Sie hat ihnen auch den einen Teddy mitgebracht. Sie hat blondes Haar und ist ziemlich schlank. Hat immer hohe Absätze an gehabt.“

Oh Mann! Echt jetzt? Meine Ex an meinem Krankenbett und keiner schickt sie weg? Die Frau hat mich betrogen, gelogen und ausgenutzt. Ich schaue der Ärztin ins Gesicht und schüttle den Kopf. Nein, sie ist nicht meine Freundin.

„Also ist sie nicht ihre Freundin. Möchten sie trotzdem, dass sie zu ihnen kommt?“ Ich schüttle den Kopf. „Gut ich sage es gleich dem Polizisten.“

Wieder sehe ich sie fragend an und sie scheint mich zu verstehen.

„Der steht zu ihrem Schutz dort draußen. Sie wechseln sich in Schichten ab. Sie lassen nur geprüfte Leute durch.“ Aber warum denn?

„Na gut. Ich weiß aber sicher nicht alles.“ Dr Baum setzt sich auf die Bettkante neben mich und sieht mich an.

„Als sie mit dem Krankenwagen hier her gebracht wurden, hatten sie schwere Verletzungen am und im Bauchbereich. Jemand hat versucht ihnen Organe zu entnehmen. Anscheinend kam die Polizei grade noch rechtzeitig bevor das passieren konnte. Ihnen wurden starke Opioide verabreicht. Wir konnten leider noch nicht feststellen, was genau ihnen gespritzt wurde oder wie viel es war. Es könnten auch mehrere Stoffe gleichzeitig in ihrem Körper gewesen sein. Sie waren in einem sehr kritischem Zustand. Im OP sind Sie uns einmal fast gestorben, aber Sie sind wieder zurückgekommen. Danach haben sie jetzt fast eine Woche geschlafen. Zum Glück haben sie selbstständig geatmet. Sie brauchten nur Sauerstoff und keine Intubation. Die Verletzungen am Bauch konnten wir wieder zunähen und die Blutungen größtenteils stoppen.“

Ich hob langsam meine Hand und zeigte auf meinen Kopf. Dabei verzog ich das Gesicht um den Schmerz zu zeigen.

„Tja woher genau die Kopfschmerzen kommen, kann ich ihnen nicht sagen, da wir ja noch nicht wissen was ihnen alles verabreicht wurde. Sie haben auch einige Schürfwunden und Hämatome, aber nichts deutet auf eine Gehirnverletztung hin. Wahrscheinlich hilft schon etwas Ruhe und Wasser gegen die Kopfschmerzen und essen sollten Sie heute auch noch etwas.“

Ich deute vorsichtig auf den Polizisten vor der Tür.

„Wie gesagt: der steht zu ihrem Schutz dort draußen. Offensichtlich wurden noch immer nicht alle Täter gefasst und man hat Angst, dass dieser Täter zu ihnen kommen könnte um seine Tat zu beenden.“

Ich nicke zum Verständnis. Ok. Also war ich wirklich in diesem Raum und es waren mehr Personen dort als diese eine. Und eine davon war noch auf freiem Fuß. Was genau diese Leute von mir wollten verstehe ich allerdings nicht.

Die Krankenschwester kommt mit den Medikamenten rein. Sie reicht sie der Ärztin. Diese zeigt mir jedes einzelne um mir zu sagen was für was ist. Zwei waren in Tablettenform. Sie sind gegen mögliche Übelkeit und Magenschmerzen. Das eigentliche Schmerzmittel ist eine Flüssigkeit und die müsse über den Tropf kommen. Die Schwester packt neben dem Tropf eine Spritze aus und ich starrte sie dabei an.

„Alles gut. Das wird ihnen gut tun. Sie werden dadurch keine Schmerzen bekommen.“ Die Ärztin beobachtet mich, während ich die Schwester dabei beobachte, wie sie die Flüssigkeit in die Spritze zieht.

„Mach bitte nur zwei Emm Ell. Ich glaube das sollte reichen.“

„In Ordnung.“ Damit stoppt die Schwester das einziehen der Flüssigkeit und hält die Spritze hoch. Sie sticht die Kanüle in einen Gummipfropf am Infusionsbeutel und spritzt die Flüssigkeit vorsichtig hinein.

„Sehen sie. Nichts passiert. Sie werden in ungefähr 10 Minuten spüren wie der Schmerz nachlässt. Wenn es nicht genug ist, dann klingeln sie mit diesem Knopf hier und ich werde herkommen und etwas mehr einspritzen. Jetzt lassen wir sie erst mal in Ruhe. Ich gieße ihnen etwas Wasser ins Glas, damit sie die Tabletten schlucken können und werde in einer Stunde wieder nach ihnen sehen. Bestimmt kommt auch bald ihre Mutter vorbei. Ihre Schwester kommt wahrscheinlich wieder nach der Schule. Sie hat hier immer ihre Hausaufgaben gemacht.“

Ich nicke Dr. Baum zu und schaue sie dankbar an. Sie steht auf und ich schaue ihr und der Schwester nach als sie das Zimmer verlassen. Der Polizist macht hinter den beiden die Tür zu.

Jetzt war ich wieder allein. Immerhin weiß ich jetzt ein wenig mehr darüber, was passiert ist. Nur verstehen tue ich es immer noch nicht ganz. Woher wusste die Polizei denn, wo ich war? Warum haben sich diese Leute ausgerechnet mich geschnappt?

Ich nehme mir das Glas Wasser und trinke langsam ein paar Schlucke. Mann, tat das gut. Mein Mund war total trocken. Dann nehme ich die Tabletten, die die Ärztin auf den Tisch gelegt hat und spüle sie mit Wasser runter. Vielleicht klappt es mit dem Sprechen beim nächsten Besuch schon besser. Und der lies auch nicht besonders lange auf sich warten.

Es klopft leise an der Tür und sie wird vorsichtig aufgeschoben. Das Gesicht meiner Mutter erscheint in dem Spalt und sie sieht sehr müde aus. Als sie mich sieht kommt sie mit einem Lächeln im Gesicht ins Zimmer, macht die Tür zu und geht zu dem Tisch mit den ganzen Blumen hinüber. Dort legt sie ihre Jacke und ihr Tasche ab und kommt dann zu mir ans Bett. Dort nimmt sie meine Hand und sieht mich einfach nur an.

Irgendwann sagt sie: „Mensch Jung! Wir hatten solche Angst um dich. Was hätte ich nur getan, wenn sie dich nicht gefunden hätten? Wenn sie nicht rechtzeitig da gewesen wären? Ich hatte solche Angst.“ Ich drücke ihre Hand ganz fest um ihr zu zeigen, dass ich wieder da bin. „Alles wird gut.“, flüstere ich und bin selbst erstaunt, dass diese Wort raus kommen. Plötzlich fängt meine Mutter an zu weinen und ich versuche sie vorsichtig an mich zu ziehen und zu trösten. „Ich hatte solche Angst um dich. Ich hab sogar gebetet.“ Bei diesen Worten lacht sie kurz auf. Sie hat schon seit Ewigkeiten nicht mehr gebetet, aber anscheinend hat es funktioniert.

„Alles gut Mama. Bin wieder da.“, flüstere ich ihr ins Ohr und sie drückt mir einen Kuss auf die Wange.

„Deine Schwester kommt nachher auch noch vorbei. Sie wird sich freuen, dass du wach bist. Sie konnte sich in der Schule kaum konzentrieren seit du weg warst.“

„Wie lange war ich weg?“

„Fast eine Woche. Und dann bist du im Krankenhaus nicht aufgewacht.“

Ich drücke wieder ihre Hand und lächle sie an. „Jetzt bin ich wieder da.“

„Ja, das bist du.“ Sie lächelt mich an und streichelt meine Wange. Dann geht sie zu ihrer Tasche und holt ihr Handy raus. „Komm wir machen ein Bild für Ella. Dann weiß sie bescheid und muss sich keine Sorgen mehr machen.“

Während sie sich wieder zu mir umdreht schaue ich wieder zu den Teddybären.

„Mama? Wer hat die Bären hier gelassen?“, frage ich so laut es geht. Sie schaut sich um und greift einen der Bären. „Also den hier hat Ella dir mitgebracht. Der ist aus ihrer Sammlung. Erkennst du ihn? Den haben wir ihr mal geschenkt. Bei dem anderen kann ich dir nicht weiterhelfen. Der war gestern noch nicht da als ich gegangen bin.“

„Die Ärztin hat gesagt, dass eine junge Frau hier war und behauptet hat sie wäre meine Freundin. Ich glaube das war meine Ex. Die Beschreibung hat ganz gut gepasst.“ Meine Mutter ist wieder am Bett und ich muss mich nicht so anstrengen so laut zu sprechen. Mutter sieht mich an und überlegt. „Ja es könnte sein, dass noch jemand nach uns bei dir war, aber ich hätte nicht gedacht, dass sie es wagen würde hier her zu kommen. Ich weiß auch gar nicht woher sie das weiß. Ich habe es ihr nicht gesagt und Ella auch nicht. Deine Kumpels kommen nachmittags vorbei, aber auch nicht jeden Tag und nie alle gleichzeitig. Vielleicht hat einer von denen ihr etwas gesagt oder sie gesehen. Ich werde sie später mal fragen. Vielleicht hat auch sie etwas gesehen.“

„Danke.“ Irgendwie bin ich jetzt ganz schon erschöpft. Die Schmerzen haben nachgelassen, aber das Reden hat mich ziemlich angestrengt.

Mutter redet noch weiter und erzählt noch ein wenig über alles was so passiert ist. Währenddessen werden meine Augen schwer und ich schlafe ein.

Fortsetzung folgt …


Wer ist dieser junge Mann? Was genau ist ihm passiert? Wo ist er da nur rein geraten? Werden die Täter gefasst? Wenn ihr das alles wissen wollt, dann haltet die Augen offen und seid so gespannt wie ich es war, als ich es geschrieben habe. Der nächste Teil kommt in einem der nächsten Türchen. LG Isa


Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert