Der alte Mann und sein Gefährte

„Weißt du Rudi? Eignentlich hab ich gar keine Lust mehr auf Weihnachten.“, sagt der alte Mann zu seinem treuesten Gefährten. „Es wird immer schlimmer. Die Kinder wollen nur noch Spielekonsolen und Smartphones und überteuertes Spielzeug. Das macht doch alles gar kein Spaß mehr. Früher. Ja früher da war es viel besser“

„Früher war eine andere Zeit mein Dickerchen“, lacht Rudi sich in den nicht vorhandenen Bart. „Früher hat man auch noch mit Feuer geheizt und mit Kerzen Licht gemacht. Jetzt gibt es dafür LEDs und Heizungen.“

„Jaja schon klar. Nicht alles war früher besser, aber heutzutage sind die Kinder viel phantasieloser und nur noch mit diesem ganzen teuren Zeug zufrieden. An diesen Dingen kann man ja inzwischen nicht mal mehr selber basteln. Wir müssen sie kaufen um sie zu verschenken.“

„Da hast du schon recht, aber so sparst du dir die kosten für Arbeiter, Herstellung, Fabrik und Lagerung. Und außerdem muss du die ganzen Sachen nicht mehr selber ausliefern.“ Rudi krazt sich am Kopf und sieht den alten Mann an. Irgendwie scheint er nicht zu verstehen, was der Mann für ein Problem hat.

„Weißt du Claus? Wir sind auch nicht mehr die aller jüngsten und unsere Kinder und Enkel scheinen mit der neuen Marktsituation ganz gut klar zu kommen. Also ich denke sie finden es gut nicht mehr selber in der Werkstatt stehen oder die Geschenke um die Welt fliegen zu müssen.“

„Ja ich weiß doch selber, was das für ein Knochenjob ist Rudi, aber überleg doch mal was wir dabei immer für ein Spaß hatten. Beim Werkeln und basteln. Sogar beim austragen der Geschenke hatten wir eine unmege an Spaß. Heute geht das natürlich nicht mehr, weil der ganze Kram viel schwerer geworden ist. Jetzt kann die Post sich darum kümmern. Hauptsache das Zeug kommt pünktlich an, obwohl das mit der Post heutzutage auch nicht immer gewährleistet ist. Aber ich vermisse es sehr vollbepackt und warm angezogen in den Himmel hinaufzusteigen und den Kindern auf der ganzen Welt eine Freude zu machen. Mit selbstgemachten Holzspielzeug oder den Puppen, die meine Frau so zauberhaft hinbekommen hat. Weißt du noch wie die Kinderaugen auf der ganzen Welt am nächsten Morgen geleuchtet haben?“ Claus steht langsam von seinem Stuhl auf. „Außerdem vermisse ich es, die leckeren Kekse zu essen und mir die Bäume anzuschauen, an denen selbstgebasteltes hängt.“

Claus umrundet den Platz, auf dem Rudi sitz und geht rüber zum Tisch, um sich einige von den selbstgemachten Plätzchen zu nehmen. Auf dem Weg zurück zu seinem Platz wirst er Rudi einige davon zu. Rudi schnappt zu und fängt sie alles auf einmal mit seinem Maul. Claus streicht ihm über den schuppigen Kopf und schwelgt weiter in Erinerungen. Rudi versteht langsam, warum sein Gefährte die alten Zeiten so sehr vermisst.

„Kannst du dich noch an das eine Jahr erinnern, Claus, in dem wir beinahe ein Haus abgebrannt hätten? Wir haben da dieses Spiel gespielt. Sind von Dach zu Dach gehüpft und haben es darauf angelegt, dass uns jemand entdeckt.“

„Oh das ist ja schon ewig her! Da warst du ja grade so kein Baby mehr und konntest mich tragen! Mein Vater war so zornig auf uns. Von deinem mal ganz abgesehen!“ Claus strahlte über das ganze Gesicht. Diese Erinerung ist so witzig das er lauthals anfängt zu lachen und erst damit wieder aufhört als er keine Luft mehr bekam. Rudi stimmte sehr schnell darin ein.

„Weißt du was noch Lustig ist?“, fragt Rudi. „Früher hätten wir wegen genau solch einem Lachanfall eine ganze Baumfabrig niedergebrann!“ Rudi lachte noch lauter auf, sodass der Boden leicht vibriert.

„Eigentlich warst nur du schuld an dem Feuer. Nur weil du dich noch nicht unter kontrolle hattest.“ Claus schüttelt sich erneut vor lachen. So sehr haben die beiden schon längern nicht mehr gelacht.

„Los Claus“, sagt Rudi als er sich soweit wieder im Griff hat. „Lass uns fliegen. Heute Nacht. Einmal um die ganze Welt. Der alten Zeiten wegen. Dann kann ich dir auch direckt die neue Beleuchtung zeigen.“ Rudis Augen strahlen vor freude.

„In Ordnung. Lass mich nur meiner Frau bescheid sagen. Sie dreht sonst durch, wenn sie nicht weiß wo ich bin, wenn ich einfach so verschwinde.“

Claus geht rüber in die Küche, wo seine Helen fleißig am Plätzchen backen ist. Sie scheint sich ausnahmsweise zu freuen, dass ihr Mann und sein Gefährte solch eine Reise machen wollen. Claus Augen strahlen in dem Moment auch wie die eines kleinen Kindes zu Weihnachten. „Aber seid bitte vorsichtig und passt blos gut auf euch auf. Nicht dass ihr einen Unfall habt oder ihr abstürtz oder in eines dieser Hochhäuser hinein fliegt.“, mahnt Helen ihren Gatten noch, während er die Küche schon verlässt. Claus eilt zu Rudi in den Schuppen, wo einige Elfen Rudi schon die Flugmontur anbringen.

„Was ist das denn?“, fragt Claus entsetzt, als er die seltsammen Lichten an Rudi sieht.

„Nun das sind die neuen Flugsicherheitsvorkehrungen. Statt einer Kerze auf der Nase, wie früher, um im Dunkeln und bei Nebel zu sehen gibt es jetzt ein haufen LEDs die andere Flugobjekte davor warnen, wenn ich ihnen entgegen komme. Die Kerze ist allerding trotzdem noch da. Nur ohne Feuer.“

„Naja Feuer haben wir ja genug dabei. Du als Feuerdrache kannst mich alten Mann schon warm halten.“ Claus lacht als die Lichter an Rudi angeschalten werden. Das sieht zu komisch aus. Wie ein riesiger dunkelroter Drache eben, der sich beim Baumschmücken in der Lichterkette verhädert hat.

Einer der kleinen Elfen reicht Claus einen dicken Mantel, eine warme Mütze und ein paar Handschuhe. Ein anderer stellt noch ein paar warme Stiefel dazu.

„Wozu brauche ich denn das ganze Zeug? Ist es etwas doch so kalt? In den Nachrichten heißt es doch, dass es dieses Jahr ziemlich warm ist. Hier wegen der Klimeerwärmung und sowas.“

„So warm ist es dann auch wieder nicht. Und ihr fliegt ja doch ziemlich weit oben. Da ist es noch kälter.“, piepst die Stimme des einen Elfen zu Claus hinauf.

„Oh na wenn das so ist. Wir wollen ja nicht erfrieren. Oder zumindest ich nicht.“ Claus lacht leise vor sich hin, während er sich die Sachen anzieht.

„Bist du startklar mein Dickerchen? Ich werd langsam ungeduldig.“

„Jaja jetzt hetzt mich mal nicht Rudi. Ich bin auch nicht mehr der jüngste. Und dieser Mantel ist irgendwie eingelaufen.“

„Nein Claus. Du bist einfach nur dicker geworden.“ Rudi lässt sich beim lachen auf den Bauch plumpsen und der Boden bebt so sehr davon, dass die kleinen Elfen unfallen. Zum Glück ist diese Sicherheitsbeleuchtung davon nicht kaputt gegangen.

Claus steigt endlich auf den Rücken seines Gefährteb und macht sich bereit loszufliegen.

„Sir? Wenn sie erlauben? Ich würde sehr gerne ein Erinerungsfoto von ihnen beiden machen.“ Einer der Elfen ist mit einer Kamera herbeigeeilt und schaut zu Rudi und Claus hinauf.

„Na was sagst du? Ein letztes Bild von uns beiden als Weihnachtsmann und Weihnachtsdrache?“ Claus tätschelt dabei Rudis Rücken. Der dreht seinen Hals so weit herum, dass er Claus ins Gesicht sehen kann.

„Na aber sowas von. Das Rahmen wir ein und hängen es über den Kamin.“ Dabei zwinkert er Claus zu und lacht in sich hinein, wodurch Claus ein wenig durchgeschüttelt wird.

Rudi stellt sich also auf allen vieren in position und hebt erhaben seinen Kopf, während Claus sich in einer ähnlichen position auf dessen Rücken gerade hinsetzt.

Nachdem der Elf ein oder mehrere Fotos gemacht hat, womöglich auch einige spaßige Fotos auf denen die beiden Freunde Grimassen gezogen und die Zungen herausgestreckt haben (zum Glück ohne etwas oder jemanden anzuzünden), starten Claus und Rudi in die Nacht um einmal noch die Welt zu unrunden.

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